Sucre – die weiße Stadt Boliviens

 

Früh morgens um halb fünf kamen wir am Busbahnhof an und sobald es hell wurde machten wir uns, wie gewohnt mit großem Rucksack auf dem Rücken und kleinem Rucksack vorne am Bauch, zu Fuß auf den Weg zu unserem nächsten Hostel.

Schon jetzt schlossen wir diese Stadt mit ihren kleinen weißen Häusern und den vielen Konditoreien und Parks in unsere Herzen. Sie war ein starker Kontrast zu der dreckigen, unschönen Stadt Uyuni.

Total fertig von den Erlebnissen der letzten Tage und der Nachtfahrt hierher, legten wir uns erst einmal schlafen, doch schon bald brachte uns eine Wanze in Josis Bett aus der Ruhe und wir beide wussten: Mit dem Wissen über mögliche Viecher in unseren Betten, würden wir hier unsere längst ersehnte Erholung nicht erlangen können.

Pool im Hotel Roles in Sucre BolivienTreppenaufgang im Hotel Roles in Sucre BolivienDa sich Almas Eltern auch um unser Wohlergehen sorgten, schenkten sie uns eine Nacht in einem Hotel unserer Wahl. So kam es dazu, dass wir auf unserer Low-Budget-Backpacking-Reise eine Nacht in dem wahrscheinlich luxuriösesten Hotel in ganz Sucre verbrachten.
Die Unterschiede zu einem Backpacker-Hostel bekamen wir schon bald zu spüren: Wir hatten ein eigenes riesiges Bad, unser Zimmer mit Flachbildfernseher, Wasserkocher und Doppelbett für jede hatte die Größe eines 16-Betten-Schlafsaals, zur Begrüßung wurden uns Erdbeer-Smoothies aufs Zimmer gebracht und zusätzlich gab es einen Pool und ein leckeres Frühstücksbuffet.
Hier konnten wir es uns richtig gut gehen lassen und nachdem wir noch Shampoo, Duschgel und Seife von hier mitgehen ließen, zogen wir am nächsten Tag um zu Almas Schulfreund Oliver, der hier in Sucre für ein Jahr als Freiwilliger in einem Jungen-Internat arbeitet.

Oliver wohnt in der „Casa Weltwärts “, einer WG von Freiwilligen, in der man sowohl von Küche und Wohnzimmer, als auch von der Dachterrasse aus über die Dächer der Stadt bis hin zu den Bergen dahinter blicken kann.
Hier bei Oliver und den anderen drei Freiwilligen wohnten wir für insgesamt eine Woche in einem Gästezimmer und machten uns etwas entspanntere Tage. So planten wir einen Waschtag ein, an dem wir per Hand die ganze Wäsche, die sich in den Wüsten angestaut hatte, wuschen und ließen uns von Oliver in seinem Projekt herumführen. Außerdem fuhren wir mit dem Microbus – ein winziger, enger Bus, der hier für den öffentlichen Transport dient – zum „Mercado Central“, um zu Mittag zu essen und an einem der vielen Fruchtstände frisch gemixten Saft zu trinken.

Mercado Central de Sucre Bolivien

Josie und Oliver in Sucre Bolivien

Einen Abend verbrachten wir in einem Irish Pub, wo wir an dem wöchentlich stattfindenden Cacho-Turnier teilnahmen. „Cacho“ ist ein bolivianisches Würfelspiel, das Kniffel ein wenig ähnelt und bei dem man in Zweierteams antritt. Wir, als blutige Anfänger, belegten am Schluss mit unseren beiden Teams „Bingo 1“ und „Bingo 2“ den vorletzten und vorvorletzten Platz … Immerhin ein Team konnten wir schlagen!
Außerdem nutzten wir die Küche der WG aus und backten leckere Ausstechplätzchen, während wir dazu Weihnachtsmusik hörten. Da Sucre sehr bekannt für seine Schokoladen-Spezialitäten ist, kauften wir uns in einem der vielen Schokoladenläden in der Innenstadt Pralinen für Weihnachten und tranken heiße Schokolade. Am Freitag trafen wir uns mit anderen Freiwilligen aus Sucre und machten uns halb wandernd, halb kletternd, am Fluss am Rande der Stadt entlang, auf den Weg zu drei der „7 Cascadas“, kleinen Wasserfällen, bei denen wir uns von der Hitze abkühlen konnten. Den Tag ließen wir dann alle in der Casa mit selbst gebackener Pizza, Activity und Ligretto ausklingen.

Danke, Oliver und Co. aus der Casa! Wir hatten eine tolle Woche bei euch.

 

Berge, Seen und Dschungel – in einer Woche

 

Nun ging es zu dritt über Nacht von Sucre nach La Paz, in die größte Stadt Boliviens, die wir bei strömendem Regen erreichten. Wir hatten La Paz in unserem strengen Zeitplan für die kommende vierte Adventswoche einen Tag für eine Besichtigungstour freigehalten. So besuchten wir den Hexenmarkt, auf welchem man unter anderem Liebes- und Flugpulver kaufen konnte, und einen Aussichtspunkt.

Mirador Killi Killi La Paz BolivienDas riesige Ausmaß der Stadt, auf zahlreiche Hügel verteilt, wurde uns erst hier so richtig bewusst. Nachdem wir in einem Café eine Pause eingelegt hatten, kam trotz anbrechender Regenzeit sogar die Sonne zum Vorschein.

Weihnachtsmarkt in La Paz BolivienBesonders gefiel uns der Weihnachtsmarkt von La Paz, auf dem von Tischkickern über Riesenräder bis hin zu Schokofrüchten wirklich alles zu finden war.

Die Besonderheit der bolivianischen Stadt liegt eindeutig in ihrem weit ausgedehnten Gondelnetz. Wie in einem Skigebiet kann man per Seilbahn von einem Ende der Stadt zum anderen fahren und dabei einen unbeschreiblichen Ausblick auf das Häusermeer genießen. Gondelfahrt über La Paz Bolivien

Als wir die erste Gondel bestiegen, war es bereits dunkel, und umgeben von den Lichtern der Stadt stellte sich ein wenig die lang ersehnte Weihnachtsstimmung bei uns ein. So drehten wir mehrere Runden über La Paz.

Abends gab es noch ein Billardturnier zwischen uns und den sehr sympathischen Hotelbesitzern.

Am nächsten Morgen fuhren wir nach Copacabana an den Titicacasee, wo wir letztendlich nur eine Nacht verbringen sollten. Der riesige See, der einem schnell das Gefühl vermittelt, am Meer zu sein, zeichnet sich durch eine ganz eigene Landschaft aus. Am Nachmittag machten wir eine Bootsfahrt zu den „schwimmenden Inseln“, auf denen man sich zuerst mit einem Kescher einen Fisch fängt, der dann vor den eigenen Augen getötet und gebraten wird. Ich glaube kaum, dass wir jemals so frischen Fisch gegessen haben.

Schwimmende Insel im Titicacasee, Bolivien

Eigentlich hatten wir geplant, eine zweitägige Wanderung auf der „Isla del Sol“, der Sonneninsel, zu machen. Allerdings machten uns deren Kommunen einen Strich durch die Rechnung, denn der nördliche Teil der Insel ist für Touristen wegen internen Problemen bis auf Weiteres gesperrt. Deshalb mussten wir uns damit zufrieden geben, den südlichen Teil zu erkunden, wobei wir erstaunlich vielen Mauleseln (?) begegneten. Oliver bestand aufgrund einer Wette sogar darauf, für fünf Minuten in den eiskalten See zu springen. Zurück am Festland entschieden wir innerhalb von wenigen Minuten, eine halbe Stunde später zurück nach La Paz zu fahren und die Nacht dort zu verbringen.

Denn am nächsten Morgen wollten wir von dort aus nach Coroico, einem Ort im bolivianischen Regenwald, der erstaunlicherweise nur zwei Stunden von La Paz entfernt ist, das immerhin auf 3500 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Empfangen wurden wir von dem uns bereits vertrauten Duft des Dschungels und einer deutlich höheren Luftfeuchtigkeit. Schnell machten wir neue Freunde, wie den humorvollen Eisverkäufer Panto oder einen unglaublich zutraulichen schwarzen Pudel, der uns wahrend unserer gesamten ersten mehrstündigen Erkundungstour begleitete und vor anderen Straßenhunden beschützte.

Mal wieder war es ziemlich schwierig, sich keine teure Tour andrehen zu lassen. Aber wir entschieden uns dazu, am Freitag auf eigene Faust zu den drei Wasserfällen zu wandern. Bei strahlendem Sonnenschein passierten wir den ersten der drei und konnten uns dazu überwinden, in das eiskalte Wasser am Fuß des zweiten zu steigen. Besonders der letzte war aufgrund seiner Höhe sehr beeindruckend.

Wasserfall bei Coroico BolivienAuf dem Hinweg waren wir an der Straße entlang gelaufen und wollten nun auf einem schmaleren Weg mit besserer Aussicht zurückkehren. Das stellte sich allerdings als etwas schwieriger heraus, als geplant. Wir kämpften uns durchs Dickicht entlang eines sehr steilen Hanges, und suchten den versprochenen Weg.
Das Problem war, zu entscheiden, welcher Trampelpfad überhaupt ein Weg war und welcher unserer. Denn viele der Spuren führten lediglich zu den Cocafeldern der Bauern. Irgendwann entschieden wir, dass es vernünftiger sei, an unseren Ausgangspunkt an der Straße zurückzukehren. Und bemerkten, dass wir bereits hier eine falsche Entscheidung getroffen hatten und falsch abgebogen waren.
Mit neuer Motivation versuchten wir unser Glück aufs Neue. Weg bei Coroico BolivienVorerst schien auch tatsächlich alles zu funktionieren. Wir erklommen den Berg erfolgreich und erreichten den angestrebten Weg wenig unterhalb des Kammes. Erleichtert und erschöpft verbuchten wir dies bereits als Erfolg. Bis uns zehn Meter später eine Steinmauer den Weg versperrte. So blieb uns nichts anderes übrig, als umzukehren und den Weg an der Straße zu nehmen.

 

Samstag Mittag fuhren wir ein drittes Mal zurück nach La Paz, wo wir ursprünglich kaum Zeit verbringen wollten. Eigentlich wollten wir beide über Nacht nach Arequipa in Peru und Oliver zurück in seine WG nach Sucre. Jedoch erfuhren wir bei unserer Ankunft, dass nachmittags keine Busse mehr nach Peru fuhren. So verabschiedeten wir uns nach einer letzten Gondelfahrt von Oliver und übernachteten eine weitere Nacht in Bolivien.

 

Gondelfahrt über La Paz Bolivien

(Alma und Josefine)