Am 12. April wollte ich über Nacht von Guayaquil nach Miami fliegen. Da ich nach ziemlich langer Zeit zum ersten Mal wieder fliegen sollte und außerdem schon sehr lange nicht mehr alleine geflogen war, fühlte ich mich ein bisschen nervös, und kam deshalb erstaunlich pünktlich am Flughafen an. Eingecheckt war dann auch ziemlich schnell. Ich war bereit für das nächste Abenteuer. Die Crew meines Fluges war das allerdings nicht. Angeblich aufgrund der kurzfristigen Erkrankung einer Stewardess wurde unsere Reise zuerst um einige Stunden und letztendlich um einen gesamten Tag nach hinten verschoben.

So hatte ich viel Gelegenheit, meine Mitreisenden kennenzulernen. Zumal wir um vier Uhr nachts in einem 5-Sterne Hotel an der Küste Guayaquils einquartiert wurden. In meinem riesigen Hotelzimmer schlief ich erst einmal sehr gut und genoss daraufhin das enorme Frühstücksbuffet des Hotels. Nur der Pool war uns leider nicht vergönnt, da sich das gesamte Gepäck bereits im Flugzeugbauch befand. So lernte ich eine New Yorker Mutter und deren 24-jährige Tochter kennen, die mich in ihr Haus in Queens einluden.

Aber zuerst wollte ich ja nach Miami. Dort verblieben mir allerdings nur noch zwei Tage, da mir aufgrund der Flugzeugverspätung ein Tag verloren gegangen war. Ich kämpfte mich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vom Flughafen bis zu meinem Hostel durch, da in den Vereinigten Staaten eine Taxi Fahrt ungelogen 80 Dollar mehr als in Ecuador gekostet hätte, denn da hätte ich nur 2 Dollar bezahlt. Auch die Hostelpreise waren im Vergleich zu Südamerika „leicht“ gestiegen. Für ein Schlafsaalbett in Miami Beach zahlte ich nun 40 Dollar. Dafür war mein Hostel mit Pool aber auch ziemlich schön und nur 100 Meter vom Strand entfernt. Ich hatte unglaublich schönes Wetter erwischt und das Meerwasser war wunderschön klar und warm.

An meinem Ankunftstag setzte ich mich mit dem Sohn meines Großcousins, also dem Sohn von Heidrun und Johnny, Alex und seiner Frau Xiomara, in Verbindung, die in einem Viertel etwas außerhalb von Miami wohnen. Die beiden holten mich in meinem Hostel ab, luden mich zum Mittagessen ein und führten mich ein wenig in Miami Beach herum. Am Abend schlief ich am Pool ein, da mich der Reisestress der letzten Tage ganz schön erschöpft hatte.

Deshalb verbrachte ich die Hälfte meines zweiten Tages in den USA damit, lange auszuschlafen. Danach ging ich am Strand spazieren und natürlich im Meer schwimmen. Außerdem nahm  ich einen kostenlosen Trolleybus, um zum Eis essen in die Shoppingmeile von Miami Beach zu fahren. Abends holte mich Alex nach der Arbeit ab und fuhr mich zu sich nach Hause. Die beiden nahmen mich sehr herzlich auf und Alex erklärte sich sogar dazu bereit, mich um zwei Uhr Nachts zum Flughafen zu fahren.

Und meine Reise ging weiter nach New York City. Nach dem sommerlichen Klima in Florida wurde ich von den 15 Grad in New York ziemlich überrascht. Auch fühlte ich mich ein wenig verloren, als mich der Flughafenshuttle aussetzte und ich mich mit meinen beiden Rucksäcken mitten auf der Times Square wiederfand. Doch irgendwie gelangte ich nach einigen Stunden zu meinem ersten New Yorker Servas Host, der auf Staten Island zuhause war. Ich brachte also bereits meine erste Fahrt mit der Fähre, vorbei an der Freiheitsstatue, hinter mich. In New York war gerade Frühling, deswegen waren die Straßen von wunderschönen rosa und weiß blühenden Bäumen geschmückt. Staten Island mit seinen kleinen Häuschen hatte so ein wunderschönes Flair. Dort angekommen musste ich allerdings erst einmal ein kleines Nickerchen machen. Mein Gastgeber Gopal überredete mich aber, meinen ersten Tag in der Weltstadt nicht komplett zu verschlafen.

New York City im Frühling

Also nahm ich erneut die Fähre und schlenderte ein wenig in Manhattan herum. Anschließend traf ich mich mit meinem Host Gopal, weil wir uns gemeinsam ein kostenloses Streichkonzert anhören wollten. Bevor wir auf die Insel zurückkehrten, zeigte mir mein Gastgeber noch die angeblich beste Pizza New Yorks. Das nächtliche Manhattan beim Heimweg von der Fähre aus zu sehen, war mein letztes Highlight an diesem langen Tag.

Am Mittwoch schlenderte ich vormittags erneut durch Lower Manhattan und besuchte das kostenloseJ „National Museum of the American Indian“. Zum Mittagessen traf ich mich mit Gopal und wir aßen sehr leckeres Falafel, das in einem der vielen Food Trucks der Stadt angeboten wurde.
Im Anschluss fuhren wir zum Metropolitan Museum, bei welchem Gopal eine Jahreskarte besaß, die sogar den kostenlosen Eintritt einer Begleitperson ermöglichte. Danach schlenderten wir noch durch den angrenzenden frühlingshaften Central Park.

Am nächsten Morgen fuhr ich zur Brooklin Bridge, und nachmittags zog ich um. Von Staten Island nach Harlem, zu Janet meinem nächsten Servas Host. Wir kochten uns Nudeln mit Pesto und sahen uns gemeinsam einen Film an. Und dann war dieser Tag auch schon vorbei.

Am Freitag erkundete ich Harlem und traf mich anschließend mit Janet im MoMa (Museum of Modern Art). Dort gibt es die „Free Friday Nights“, also freien Einlass an jedem Freitag Nachmittag, weshalb sich die Schlange der Besucher über die gesamte Straße erstreckte. Einen solchen Andrang hatte ich tatsächlich nicht erwartet, allerdings war alles perfekt geplant und man konnte trotz der Besuchermassen schon bald die Ausstellungen besuchen.

Direkt im Anschluss fuhren wir nach Harlem zurück, wo wir erst einmal in einem mexikanischen Diner Tacos aßen. Unser nächstes Ziel war ein großes altes Reihenhaus, das einem achtzigjährigen Afroamerikaner gehörte. Es machte allerdings viel mehr den Anschein eines Museums für afrikanische Kunst als den eines Wohnhauses. Für zwanzig Dollar durften wir dort afrikanisches Essen probieren und in einem kleinen Kreis ein „Wohnzimmerkonzert“ anhören. Der humorvolle Gastgeber las dabei wiederholt Gedichte vor, zu welchen die Musiker im Anschluss selbst komponierte Stücke preisgaben. Insgesamt herrschte eine sehr angenehme Atmosphäre und die Musik war wirklich schön. Wieder Zuhause in Harlem sahen wir uns erneut einen Film an.

Am Samstag sollte ich zu meinen New Yorker Lieblingshosts ziehen. Das siebzigjährige Ehepaar Bethene und John hatte ein schönes sehr zentrales Reihenhaus geerbt. Dort stellten sie mir ein eigenes Zimmer mit Bad zur Verfügung und nahmen mich sehr herzlich auf. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wären sie meine New Yorker Großeltern. Bethene riet mir, an diesem Tag Queens zu besichtigen. Denn im Queens Museum gebe es ein sehr großes Modell der gesamten Stadt, welches man aus der Luft betrachten könne. Außerdem fuhr ich dort nach China Town und in ein indisches Viertel. Es ist wirklich faszinierend, wie viele Nationalitäten in New York vertreten sind.

Am Sonntag war Ostern. Und ich bekam beim Frühstück sogar ein Osterkörbchen. Danach nahmen mich die beiden mit zum Ostergottesdienst ihrer Kirche. Bei der „Judson Church New York“ handelt es sich um eine sehr frei denkende evangelische Gemeinde. So war auch der Gottesdienst eher unkonventionell, ohne Pfarrer mit verschiedenen Reden, Musik- und Tanzeinlagen. Zudem gab es zu meiner Freude ein Buffet mit großer Auswahl.

Von dort aus fuhr ich zum Broadway. Denn es stand etwas bevor, worauf ich mich schon lange freute und sehr viel Geld ausgegeben hatte. Ich wollte mir „Harry Potter and the cursed child“ ansehen. Das Theaterstück besteht aus vier Teilen à 90 Minuten, die durch kurze Pausen getrennt werden, in denen man am Broadway entlangspazieren kann. So war der ganze Nachmittag von Harry Potter eingenommen. Obwohl das Stück so lang dauerte, langweilte ich mich keine Sekunde lang und war fasziniert von den magischen visuellen Effekten. Abends ging ich zu Fuß nach Hause zu meinen Gastgebergroßeltern.

Am nächsten Morgen begleitete mich Bethene zur High Line, einer alten Zugstrecke in Manhattan, die begrünt und mit Skulpturen ausgestattet wurde. Da die New Yorkerin an MS leidet, fuhr sie in ihrem  speziellen Autochen durch die Stadt. Ich freute mich, dass sie mich trotz der Komplikationen begleitete. Zum Mittagessen aß ich eine Brezel für 7!! Dollar. Am Nachmittag war ich in Queens verabredet. Mit Tanya, meiner Bekanntschaft vom ecuadorianischen Flughafen. Die Vierundzwanzigjährige holte mich in ihrem Auto ab und lud mich und einen Freund in ihr Lieblingscafé ein. Danach trafen wir uns mit weiteren Freunden in einer Billardbar. Obwohl wir einen Großteil der Zeit im zähen Verkehr Queens verbracht hatten, war es ein wirklich schöner Nachmittag. Ich musste mich allerdings um 9 verabschieden, da Bethene und John für meinen letzten Abend ein besonderes Abendessen für mich zubereitet hatten.

Am Tag meiner Abreise wollte ich die UN besichtigen. Allerdings hatte ich weder im Voraus ein Besucherticket gekauft noch meinen Pass dabei. Trotzdem durfte ich zu meinem Glück das Gelände betreten. Im Foyer des Gebäudekomplexes gab es interessante Ausstellungen. Doch nicht nur das. Ich bekam sogar noch einen Platz in einer englischsprachigen Führung für den Studententarif. So bin ich sehr froh, dass ich trotz fehlender Buchung bei den Vereinten Nationen vorbei geschaut hatte. Danach nahm ich das einzige bezahlbare New Yorker Mittagessen zu mir, ein Stück Pizza.

Am Vortag hatte ich auf dem Heimweg einen Friseursalon mit Klavier entdeckt. Und da wollte ich unbedingt noch einmal hin. Ich lief also mehrere Male an dem Laden vorbei, bevor ich mich schließlich traute hineinzugehen. Die netten Mitarbeiterinnen ließen mich gerne auf dem Instrument spielen und meine Klaviersehnsucht war wenigstens für kurze Zeit gestillt. Nun wollte ich zur National Library fahren, allerdings fuhr ich in die falsche Richtung und landete im Central Park. Was bei dem schönen Wetter auch nicht so schlimm war. Natürlich etwas spät fuhr ich zurück, um zu packen. Und hetzte anschließend zur U-Bahn. In meiner Eile nahm ich jedoch den falschen Zug und kam sehr spät am Flughafen an, wo sich vor den Schaltern meiner Airline viel zu viele Menschen angesammelt hatten. Trotz allem konnte ich die USA an diesem Abend in Richtung Oslo verlassen.

Vielen Dank Alex, vielen Dank Xiomara, dass ihr euch in Miami so lieb um mich gekümmert habt!

Und natürlich vielen Dank an meine New Yorker Servas Gastgeber!